HR-Chatbots im Personalwesen: datenschutzrechtliche Risiken erkennen und managen
Höhere Effizienz durch automatisierte Beantwortung
Der Einsatz von intelligenten HR-Chatbots im Personalwesen ist längst keine Seltenheit mehr. Durch ihre 24/7-Verfügbarkeit können sie rund um die Uhr Fragen beantworten, neue Mitarbeiter durchs Onboarding begleiten oder Bewerbungen sortieren. Ihr Mehrwert liegt also auf der Hand: eine höhere Effizienz durch die automatisierte Beantwortung von Routineanfragen (z.B. Urlaubs- und Krankmeldungen oder Bewerbungseingänge). Dies ermöglicht insbesondere freie Kapazitäten für Aufgaben, die sonst oft nur nebenbei behandelt werden können.
Obendrein können smarte Tools das Arbeitgeberimage stärken. Bewerber und Mitarbeiter erwarten moderne, schnelle Services und die 24/7-Verfügbarkeit signalisiert ihnen: „Wir sind immer für Sie da!“
Den Meilenstein nicht zum Stolperstein werden lassen
Der technologische Fortschritt bringt nicht nur Komfort. Der Einsatz von Chatbots im Personalwesen wirft wesentliche Fragen darüber auf, was der Bot überhaupt eigenständig darf und wo es menschliche Kontrolle braucht.
- Wie kann der Spagat zwischen Automatisierung und Datenschutz gelingen?
- Und wie machen Unternehmen ihre HR-Teams fit für diese Herausforderung?
Ein Meilenstein des digitalisierten Arbeitslebens kann durch solche Unsicherheiten schnell zum Stolperstein werden.
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Folgende Aspekte müssen unbedingt berücksichtigt werden:
Datenschutz:
Chatbots im Personalbereich verarbeiten oft besonders sensible Daten, wie Gesundheit, Gehalt oder Konfession. Ohne datenschutzkonforme Prozesse drohen hier hohe Sanktionen und Vertrauensverlust. Vor Inbetriebnahme muss sichergestellt sein, dass die Datenverarbeitung durch den Chatbot entweder zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist oder auf freiwillig erteilten Einwilligungen beruht. Darüber hinaus wäre auch zu klären, was mit den Daten passiert (z.B. ob sie in unsichere Drittländer weiterfließen).
Menschliche Aufsicht:
Automatisierte Bewerberauswahl oder Leistungsbewertungen sind rechtlich heikel. Eine menschliche Kontrollinstanz (sog. Human Oversight), wie sie die KI-VO vorschreibt, ist unverzichtbar und Automatisierung darf nicht zum Ersatz menschlicher Expertise werden. Ziel muss es stattdessen sein, sich KI zur Unterstützung fairer menschlicher Entscheidungen nutzbar zu machen. So kann ein Chatbot etwa bei der Vorbereitung von Interviews oder Vertragsentwürfen entlasten, die finale Entscheidung muss jedoch beim Personaler bleiben.
Gleichbehandlung:
KI ist nur so objektiv wie ihre Trainingsdaten. Ohne regelmäßige Überprüfung schleichen sich ungewollte Vorurteile (Bias) ein. Algorithmen können Vorurteile aus Trainingsdaten systematisch fortsetzen und somit zu Diskriminierung führen – etwa in der Auswahl von Bewerbern. Die Einhaltung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) erfordert sorgfältige Tests, um Bias frühzeitig zu erkennen.
Mitbestimmung/Betriebsrat/Personalrat:
Die enge Abstimmung mit Betriebsräten ist hier unerlässlich, um arbeitsrechtliche Konflikte zu vermeiden. Ansonsten drohen Auseinandersetzungen oder Projektstopps. Die Risiken des KI-Einsatzes im Personalwesen zeigen sich besonders deutlich an zwei prominenten Gerichtsverfahren – eines aus den USA, das andere aus Deutschland. Beide Fälle haben gemeinsam: Im Zentrum steht das Unternehmen Workday, dessen Software weltweit von Personalabteilungen eingesetzt wird.
In den USA sorgte der Fall Mobley v. Workday für Schlagzeilen. Der Kläger, ein afroamerikanischer IT-Experte über 40 mit psychischer Erkrankung, hatte sich über einen Zeitraum von mehreren Jahren auf mehr als 100 Stellen beworben – stets über Workday-basierte Recruiting-Plattformen, stets erfolglos. Die Ablehnungen erfolgten automatisiert, ohne erkennbare Einzelfallprüfung. Mobley sah sich dadurch systematisch diskriminiert – aufgrund seines Alters, seiner ethnischen Herkunft und seiner Behinderung.
Ein kalifornisches Bundesgericht entschied im Mai 2025, dass die Klage als Sammelklage wegen Altersdiskriminierung zulässig ist. Das Urteil könnte weitreichende Folgen haben, da es Millionen Bewerber über 40 betrifft, die sich ebenfalls benachteiligt fühlen könnten. Besonders brisant: Die Klage richtet sich nicht gegen einzelne Arbeitgeber, sondern gegen Workday selbst. Im Verfahren wird diskutiert, ob der Softwareanbieter als „verantwortlicher Agent“ im Sinne des US-Arbeitsrechts haftet – also als Mitverursacher der Diskriminierung, da seine Systeme die Auswahlentscheidungen maßgeblich automatisiert haben.Zwar entfalten die FAQs keine unmittelbare Rechtswirkung, sie geben aber einen Interpretationsrahmen vor, den Aufsichtsbehörden und Gerichte bei der Auslegung des Artikel 4 heranziehen dürften. Es handelt sich dabei um sogenanntes „Soft Law“, also um eine Orientierungshilfe für die Rechtsauslegung und rechtskonforme Umsetzung.
Im Folgenden werden die wichtigsten FAQ-Inhalte zum Verständnis der Anforderungen an die KI-Kompetenz aufgeführt.
Unser Fazit: Digitalisierung braucht Vertrauen
HR-Chatbots bieten ein enormes Effizienzpotenzial, sind aber kein Selbstläufer. Sie entfalten ihr Potenzial nur, wenn Unternehmen ihre Mitarbeitenden mitnehmen, aufklären und qualifizieren. Denn dort, wo Technologie Verantwortung übernimmt, braucht es Menschen, die verstehen, wie man sie steuert.
Rechtliche, technische und organisatorische Herausforderungen müssen vom Unternehmen also gezielt erkannt und der Schulungsbedarf der Mitarbeitenden ermittelt werden.
Wir können Ihnen dabei helfen, diese Dualität zu meistern, indem wir Ihnen das nötige rechtliche und praktische Verständnis vermitteln, damit Chatbots zum echten Mehrwert für Ihr Unternehmen werden – rechtskonform, vertrauenswürdig und kosteneffizient. So holen Sie nicht nur das Beste aus der Technologie heraus – Sie positionieren Sie sich als innovativer, digitaler Arbeitgeber und sichern sich dadurch langfristige Vorteile im Wettbewerb um Kompetenz und Vertrauen.
Ob Einstieg, Auffrischung oder maßgeschneidertes Inhouse-Format: Unsere Module sind flexibel buchbar und richten sich nach dem Reifegrad Ihres Unternehmens.
Unsere praxisnahen Schulungsmodelle bieten Ihnen einen Leitfaden für ihre Handlungsspielräume beim Einsatz von KI
- Rechtliche Grundlagen: Wir vermitteln Ihnen das nötige Know-how zur praxisnahen Umsetzung Ihrer rechtlichen Verpflichtungen – vom Datenhandling bis zur Einbindung des Betriebsrats.
- Technisches Verständnis: Wir geben Ihnen relevante Beispiele für einen effizienten Einsatz von KI-Systemen (Chatbot-Architekturen, Black‑Box-Risiken, Bias‑Tests, …).
- Change-Management-Skills: Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Mitarbeitenden erfolgreich zu diesen Themen abholen, Skepsis überwinden und Akzeptanz fördern.
Möchten Sie mehr erfahren? Kontaktieren Sie uns für ein individuelles Angebot. Gemeinsam gestalten wir den sicheren, effizienten und erfolgreichen Einsatz von Chatbots in Ihrem Haus!
Der Einsatz von KI im Personalwesen verspricht Effizienz – doch er bringt auch erhebliche rechtliche Risiken mit sich. Die Urteile gegen Workday zeigen deutlich: Wer Auswahlprozesse automatisiert, darf Verantwortung nicht an Algorithmen delegieren. Denn ob Diskriminierung oder Datenschutzverstoß – die Haftung bleibt beim Unternehmen.
Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollten HR-Verantwortliche, KI-Beauftragte und Datenschutzbeauftragte frühzeitig tätig werden.
KI Seminare der Gesellschaft für Datenschutz
Praxistipps für den rechtssicheren KI-Einsatz im Recruiting:
- Systeme prüfen, nicht blind einsetzen: Nur KI-Tools nutzen, deren Funktionsweise nachvollziehbar ist – inklusive Dokumentation der Entscheidungslogik.
- Diskriminierung ausschließen: Bewerbungsprozesse regelmäßig auf unzulässige Filterkriterien oder Verzerrungen („Bias“) überprüfen.
- Datenschutz-Folgenabschätzung durchführen: Bei jeder automatisierten Bewertung mit wesentlicher Wirkung auf Bewerber ist die DSFA nach Art. 35 DSGVO erforderlich.
- Keine Tests mit Echtdaten ohne Rechtsgrundlage: Auch in der Testumgebung gelten die vollen Datenschutzanforderungen – inklusive Einwilligung oder spezifischer Rechtsgrundlage.
- Transparenzpflichten erfüllen: Bewerberinnen müssen klar und verständlich darüber informiert werden, ob und wie KI zum Einsatz kommt (Art. 13 DSGVO).
- Vertragliche Absicherung bei externen Tools: Anbieter wie Workday durch Auftragsverarbeitungsverträge oder technische Audits zur Mitverantwortung verpflichten.