berufliche Tätigkeit Hinweisgeberschutzgesetz

Wen schützt das Hinweisgeberschutzgesetz? Definition der beruflichen Tätigkeit

Wen schützt das Hinweisgeberschutzgesetz? Im Rahmen der Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) stellen sich Organisationen sowie Meldestellenbeauftragte oft die Frage, welche Personen vom Hinweisgeberschutzgesetz von etwaigen Repressalien geschützt werden. Das HinSchG liefert hier keine klare sowie definierte Aussage.

Grundsätzlich werden Personen erst dann vom HinSchG geschützt, sofern der Anwendungsbereich gemäß § 1 sowie § 2 HinSchG eröffnet ist. Hierzu ist es wichtig zu verstehen, wer alles als Person im Sinne der beruflichen Tätigkeit definiert wird. Der persönliche Anwendungsbereich des HinSchG ist sehr weit gefasst und betrifft alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben.

(1) Dieses Gesetz regelt den Schutz von natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen (hinweisgebende Personen).

Die Legaldefinition einer hinweisgebenden Person finden wir zunächst in § 1 Abs. 1 HinSchG wieder. Wirklich hilfreich ist dieser Absatz aber nicht.

Weitere Personen werden von § 1 Abs. 2 HinSchG umfasst und geschützt.

(2) Darüber hinaus werden Personen geschützt, die Gegenstand einer Meldung oder Offenlegung sind, sowie sonstige Personen, die von einer Meldung oder Offenlegung betroffen sind.

Zusammenfassung:

  • Hinweisgebende Personen
  • Personen, die Gegenstand der Meldung sind
  • Sonstige Personen, die von einer Meldung betroffen werden

Weite Auslegung der Begrifflichkeit „berufliche Tätigkeit“

Der Schutz des Hinweisgebers bezieht sich nur auf Informationen, die er im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit erlangt hat (Insiderwissen).

Die Begrifflichkeit ist weit zu verstehen und auszulegen.

Der Schutz beschränkt sich nicht bloß auf das reine Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Arbeitsvertrags. Beruflich ist ein Bezug schon dann hergestellt, wenn der Hinweisgeber sich in einer Bewerbungsphase (vgl. § 1 Abs. 1 HinSchG) befindet. Gleiches gilt ausweislich für ehemalige Beschäftigte gem. den Erwägungsgründen der EU-Whistleblower-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937). Demzufolge soll ein möglichst weitreichender Kreis von Personen geschützt werden, welcher aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit, unabhängig von der Art der Tätigkeit sowie davon, ob diese vergütet wird oder nicht, Zugang zu Informationen über Verstöße hat.

Wie weit dieser Bezug reicht, ist nicht festgelegt.

Nicht geschützt wird die Meldung oder Offenlegung von Informationen über privates Fehlverhalten, von dem der Hinweisgeber im beruflichen Zusammenhang erfährt, das aber keinen Bezug zur beruflichen Tätigkeit aufweist.

Wer ist jedoch noch als Person im Sinne der beruflichen Tätigkeit zu verstehen und ist demzufolge vom Schutz des HinSchG umfasst? Ein Blick in die EU-Whistleblower-Richtlinie 2019/1937 hilft hier weiter.

Definition nach EU-Whistleblower-Richtlinie

Ein Blick in die EU-Whistleblower-Richtlinie hilft uns dabei die doch schwammige Definition klarer zu skizzieren. Dort heißt es in den Erwägungsgrund 38 sowie 39:

(38) Schutz sollte zuallererst für „Arbeitnehmer“ im Sinne des Artikels 45 Absatz 1 AEUV in der Auslegung durch den Gerichtshof gelten, d. h. für Personen, die während eines bestimmten Zeitraums Dienstleistungen, für die sie eine Vergütung erhalten, für und unter der Leitung einer anderen Person erbringen. Schutz sollte daher auch Arbeitnehmern in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, einschließlich Teilzeitbeschäftigten und befristet Beschäftigten, sowie Personen gewährt werden, die einen Arbeitsvertrag oder ein Arbeitsverhältnis mit einem Leiharbeitsunternehmen geschlossen haben; bei prekären Vertragsbeziehungen ist es häufig schwierig, Standardschutzbestimmungen gegen unfaire Behandlung anzuwenden. Der Begriff „Arbeitnehmer“ schließt auch Beamte, öffentliche Bedienstete und andere Personen, die im öffentlichen Sektor arbeiten, ein.

Schutz sollte darüber hinaus auch für weitere Kategorien natürlicher Personen gelten, die zwar nicht „Arbeitnehmer“ im Sinne des Artikels 45 Absatz 1 AEUV sind, aber entscheidend zur Aufdeckung von Verstößen gegen das Unionsrecht beitragen können, und sich möglicherweise im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit in wirtschaftlicher Abhängigkeit befinden. So sind etwa im Bereich der Produktsicherheit Lieferanten sehr viel näher an der Informationsquelle zu möglichen unlauteren und illegalen Herstellungs-, Einfuhr- oder Vertriebspraktiken in Bezug auf unsichere Produkte; und bei der Verwendung von Unionsmitteln sind Berater, die Dienstleistungen erbringen, in einer privilegierten Position, um auf Verstöße aufmerksam zu machen. Diese Kategorien von Personen, zu denen Selbstständige, die Dienstleistungen erbringen, Freiberufler, Auftragnehmer, Unterauftragnehmer und Lieferanten zählen, erfahren häufig Repressalien, die beispielsweise in der Form zutage treten können, dass Dienstleistungsverträge, Lizenzen oder Bewilligungen vorzeitig beendet oder gekündigt werden, sie Auftrags- oder Einkommensverluste erleiden, Opfer von Nötigung, Einschüchterung oder Mobbing werden, auf „schwarze Listen“ gesetzt bzw. geschäftlich boykottiert werden oder ihr Ruf geschädigt wird. Anteilseigner und Personen in Leitungsgremien können ebenfalls von Repressalien betroffen sein, etwa in finanzieller Hinsicht oder in Form von Einschüchterung oder Mobbing, Eintragung in „schwarze Listen“ oder Rufschädigung. Schutz sollte auch Personen mit beendetem Arbeitsverhältnis und Bewerbern für eine Stelle oder Personen, die Dienstleistungen bei einer Organisation erbringen möchten, gewährt werden, wenn sie während des Einstellungsverfahrens oder einer anderen vorvertraglichen Verhandlungsstufe Informationen über Verstöße erhalten und Repressalien erleiden könnten, etwa in Form negativer Arbeitszeugnisse oder indem sie auf „schwarze Listen“ gesetzt bzw. geschäftlich boykottiert werden.

Übersicht der zu schützenden Personen

  • Beschäftigte
  • Teilzeitbeschäftigte
  • Mini-Job
  • Praktikanten
  • befristet Beschäftigte
  • Leiharbeitsbeschäftigte
  • Beamte
  • öffentliche Bedienstete
  • andere Personen, welche im öffentlichen Sektor arbeiten
  • Lieferanten
  • Berater
  • Selbstständige
  • Freiberufler
  • Auftragnehmer
  • Unterauftragnehmer
  • Anteilseigner
  • Personen in Leitungsgremien
  • Bewerber
  • Personen mit beendetem Arbeitsverhältnis (Ruhestand, ehemalige Beschäftigte)
  • Handelsvertreter
  • Freelancer
  • Organmitglieder von Gesellschaften (z.B. Aufsichtsratsmitglieder)

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